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Kikai
~eine Hintergrundgeschichte aus SoR~

„Schwesterherz?“
„Ja Brüderchen?“
„Du weißt, das ich dich wahnsinnig doll lieb habe?“
„Ja natürlich, warum fragst du...“

Kikai wurde unsanft von ihrem Bruder an die Felswand gedrängt.

„Brüderchen, was...“
„Scht, sei still Kleines.“

Ihr Bruder umklammerte ihre Handgelenke, drückte sie an die Wand. Kikai wollte sich seinen Händen entwinden, sich losreißen, doch je heftiger sie sich wehrte, desto fester wurde sein Griff.

„Brüderchen, lass das, du tust mir weh!“

Er schaute ihr tief in die Augen, sein Blick war unsagbar sanft. Er sah sie an, wie er es häufiger getan hatte in letzter Zeit, doch diesmal bekam Kikai Angst. Es war noch etwas Anderes in diesem Blick, etwas Kaltes, Gieriges. Kikai fühlte sich an ihre Kindheit zurück erinnert, als einmal ein Ragus auf sie zuschlich, langsam und zielstrebig, sich seiner Beute gewiss, bis ihr Bruder gekommen war, um seine kleine Schwester zu beschützen. Und eben jener Bruder sah sie nun mit dem Blick eines Ragus an, nur mit dem warmherzigen Blick der Liebe gepaart.

„Kleines du weißt, ich würde dir nie weh tun.“ flüsterte er sanft. Er rückte näher an sie heran, war nun ganz nah bei ihr. Sie konnte seinen heißen Atem auf ihrer Haut spüren. Mit großen Augen schaute sie ihn an, verwirrt, beunruhigt, ängstlich. Mit einem Zittern in der Stimme sachte sie:“ Brüderchen? Du machst mir Angst.“

„Du brauchst keine Angst haben, Kleines. Vertrau mir!“ flüstert er leise und lässt ihre Hände los.

Kikai entspannt sich ein wenig, versucht im Blick ihres Bruders zu lesen. Seine Händen wandern weich ihren Körper hinab, verharren über ihren Brüsten. Sein Blick wandert hinab und langsam, beinahe vorsichtig beginnt er, ihr Hemd aufzuschnüren. Kikai reißt entsetzt ihre Arme empor, versucht die Hände ihres Bruders wegzuschlagen, doch dieser ist ein Krieger, geschult und durchtrainiert. Und so wehrt er ihre Bewegungen mühelos ab, packt ihre zierlichen Arme und drückt sie über Kikais Kopf an die felsige Wand. Sein Blick sucht den ihren, fesselt sie und liebevoll, beinahe flehentlich schaut er sie an.

„Schwester ... ich liebe dich.“

Er umfasst ihre Handgelenke mit einer Hand, drückt fest zu, während er mit der Anderen sanft über ihr Gesicht fährt, eine verirrte Haarsträhne hinter ihr Ohr streicht und langsam weiter ihren Körper hinabwandert. Dann packt er fest zu, seine Finger krallen sich in den dünnen Stoff ihres Hemdes und reißt er ruckartig vom Oberkörper.
Kikai wimmert leise auf.

„Brüderchen bitte nicht.“

Doch ihr Bruder ist nicht mehr. Vor ihr steht ein Ragus, in der Gestalt ihres Bruders. Starrt gierig auf ihre nun blanken Brüste hinab, welche sich erst vor kurzem vollständig entwickelt und somit aus der kleinen Kikai eine erwachsene Frau gemacht hatten. Eine Entwicklung die auch ihrem geliebten Bruder nicht entgangen war.
Ihr Bruder beugt sich vor, beendet ihr Wimmern mit einem Kuss, tief, inbrünstig und voller Verlangen. Als seine Zunge die ihre berührt, kullern erste Tränen über Kikais Wangen. Seine Hand umschließt ihre Brüste, knetet sie, greift fest zu, es stört ihn nicht, dass er ihr weh tut. Seine Zunge verlässt ihren Mund, wandert küssend und beißend ihren Hals hinab, bis er ihre Brüste erreicht.
Kikai wimmert nicht mehr. Sie ist verstummt, sieht weg, beobachtet die Umgebung und will an diesem Ort nicht mehr sein. Merkwürdig klar kommt ihr alles vor. In weiter Ferne hört sie die Kippee schreien, das Rauschen des Windes in den Palmen erklingt ganz nah in ihren Ohren und die laue Sommerluft umschmiegt warm ihre Haut. Es ist ein so schöner Tag, wäre da nicht...
Sie wird aus ihren Gedanken gerissen, als sie spürt, dass er aufgehört hat und sie anblickt. Wiederwillig dreht sie ihren Kpf in seine Richtung und schaut in die gierigen Augen eines Ragus, in denen kein Funke der alten Geschwisterliebe mehr geblieben ist. Ein Grinsen umspielt seine Lippen in dem Wissen dass seine Beute sich ergeben hat und nicht mehr im Stande ist, zu fliehen. Seine Hand wandert hinab zu seiner Hose, er löst langsam den Bund... Kikai folgt mit ihrem Blick seinen Bewegungen. Ihre Augen weiten sich vor Schreck und ihr durchdringender Schrei paart sich mit dem der Kippee, welcher nun viel näher erklang. Sie versucht sich zu wehren, bewegt sich wild hin und her und will sich losreißen. Doch er packt ihre Arme mit beiden Händen und drückt sie zurück an die felsige Wand.
Kikai reißt in ihrer Verzweiflung ein Bein hoch und trifft mit ihrem Knie zwischen die Beine ihres Bruders. Sie spürt, wie etwas hartes unter der Wucht ihres Trittes nachgibt und glaubt ein leises Knacken zu hören, dann sind ihre Hände frei und ihr Bruder liegt schmerzverkrümmt am Boden.

Ohne weiter nachzudenken rennt Kikai los. Ihr Bruder wimmert etwas, sie schaut im Laufen über die Schulter und sieht wie er sich langsam aufrichtet. Kikai rennt weiter. Sie weiß nicht wohin, doch es ist ihr egal. Nur weg von ihm. Sie hört wie er ihren Namen ruft, seine Stimme klingt so normal. Sie dreht den Kopf erneut herum.

„Schwesterherz! Komm zurück... es tut mir Leid. Ich wollte nicht ... “, dann entsetzt, „Kikai! Nicht dort entlang, die Kinc.. “ der Rest ging in einem markerschütternden Schrei unter, der Kikai das Blut in den Adern gefrieren ließ.
„LAUF! “

Kikai blieb abrupt stehen und drehte sich um. Was sie sah ließ sie wünschen sich nicht umgedreht zu haben. Ihr Bruder lag auf dem Boden. Sein Blick nun nicht mehr der, eines wilden Ragus, sondern der, eines sie liebenden Menschen, voller Sorge um ihr Leben, in Anbetracht der Tatsache, dass er sie nun nicht mehr schützen könne. Dann verzerrt sich sein Gesicht zu einer Maske, als sich eine Vorderzange des Kinchers durch seinen Rücken treibt. Ihr Bruder schreit auf vor Schmerz und Qual, als er langsam vom Boden hochgehoben wird. Kikai muss mit ansehen, wie sein Körper langsam an der Zange des Kinchers hinabrutscht . Seine Schreie erfüllen die Luft, vermischen sich mit dem triumphierenden Gebrüll des Kitin.
Kikai bleibt wie angewurzelt stehen, unfähig ihren Blick von dem bizarren Schaubild grausamer Gewalt und unbändigen Hasses abzuwenden. Ihr Bruder zuckt immer noch in Todeskrämpfen, seine Seele scheint nicht willens, seinen Körper frei zu geben und ihn von den Schmerzen zu befreien. Dann wird sein Körper in die Meute von Kitins geschleudert, welche näher gekommen waren, angelockt von dem Blut ihres Bruders, welches zusammen mit seinen herausgerissenen Eingeweiden langsam die Zange des Kinchers hinabrann.
Ihr Bruder schrie immer noch, unfähig den Kampf aufzugeben.
Erst als zwei Kincher den geschundenen Körper nahmen und in zwei Teile zerrissen, sodass Kaskaden seines Blutes den Boden benetzten, endete sein Schreien abrupt.
Unbehagliche Stille trat ein. Die Kincher brüllten nicht mehr, der Wind rauschte nicht mehr in den Palmen, selbst die Luft war abgekühlt in Anbetracht des Schreckens der geschehen war. Einzig ein Geräusch durchdrang die Luft und war allgegenwärtig: das Reißen von Klauen in geschundenes Fleisch und das Schmatzen von Blut, welches sich mit dem Geifer der Kincher vermengt.
Und so hatte ihr Bruder sie selbst in seine, Tod noch einmal beschützen können, denn Kikai gelang unbehelligt die Flucht während die Kincher seinen geschundenen Leichnam verschlangen.

Kikai gelangte unbeschadet nach Hause. Sie musste ihren Eltern vom Tod ihres Bruders berichten, doch sie sagte nicht, was zuvor geschehen war. Ihr zerrissenes Hemd und die Quetschungen an ihren Handgelenken und Brüsten schrieb sie der Flucht zu. Ihr Vater war von von Trauer und Zorn zerfressen, das er nicht weiter nachfragte, sondern die Männer der Dorfgemeinschaft zusammenrief um Jagd auf die Kincher zu machen. Zu lange schon hatten sie das Dorf belagert, zu oft schon hatten sie ihre Kinder getötet und Vieh gerissen. Es war nun an der Zeit, dem endgültig ein Ende zu bereiten.
Fünfzehn Männer und fünf Jungen, die fast die Schwelle zum Mann erreicht hatten, zogen noch in der Nacht aus. Keiner von ihnen kam je zurück.

Das Leid der Frauen im Dorf war groß. Besonders Kikais Mutter war vom Gram beseelt, denn sie hatte an diesem Tag Mann und Sohn verloren und so folgte sie ihnen eine Woche später in den Tod. Kikai war nun allein mit ihren Gedanken auf dieser Welt.

„Ich bin Schuld am Tod all dieser Menschen und das ur, weil ich ihn enttäuscht habe und ihm nicht geben konnte was er wollte. Wäre ich ihm doch nur gefügig gewesen. Doch nun gibt es nichts mehr was mich hier noch hält.“

Und so wurde Kikai zur Flüchtigen.

Désirée Becker
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