Es war einmal vor langer langer Zeit, da begab es sich, dass zwei große Planeten aufeinander trafen, von denen ein jeder der Ansicht war, der Stärkere zu seyn, sodass jeder versuchte, die alleinige Herrschaft über den Anderen zu erringen. Ein unbarmherziger Kampf entsprang aus dem gegenseitigen Hass der beiden Planeten und viele der kleinen Sterne, die sich auf die jeweilige Seite der ihnen am stärksten erscheinenden Macht gestellt hatten, mussten ihr Leben, in dieser so sinnlosen Schlacht lassen.
Jedoch, weit entfernt von dem Schlachtfeld in einem kleinem Sonnensystem, dass niemand kennt, war ein winziger Planet kaum wahrnehmbar in seiner Existenz und von einer solchen Reinheit und Barmherzigkeit in seynem Herzen, wie nie zuvor irgendwo gesehen. Auf diesem Planeten stand ein Baum, so groß, dass seyn Wurzelwerk den gesamten Planeten umspannte. Er gab dem Stern das Leben und den Frieden. Kleine Seen hatten sich zwischen seynem Wurzelwerk gebildet, seyne Äste erbauten eine Art natürlicher Höhlen und seyn Blattwerk, das sich dank der riesigen Äste über den ganzen Planeten spannte, war ein riesengroßer blattgrüner Himmel. Und ab und zu verirrte sich ein kleiner heller Sonnenstrahl durch das dichte Blätterdach und suchte sich einen Weg zum Boden. Nie wurde es wirklich dunkel, da zwei Sonnen auf entgegengesetzter Seite standen und den Planeten immer umkreisten. Es gab auch sieben schwarze Monde sehr weit entfernt doch wusste der Baum nicht welcher Funktion sie dienten da sie seit seyner Erschaffung still standen. Auch gab es Lebewesen auf dem Stern, Lebewesen so klein und zerbrechlich wirkend, dass es den Anschein hatte, als ob sie beim kleinsten Windhauch zerbersten würden, sie lebten im Wasser, im Geäst und auch in der Luft. Sie waren kaum zu beschreiben, sah es doch so aus, als ob sie je nach belieben Farben und Form wechseln konnten. Und der ganze Planet war erfüllt von ihrem Gesang und ihrer Melodie. Einige Zeit war der Baum glücklich über seyn Werk, dass er geschaffen hatte. Aber etwas fehlte ihm, denn, so waren es doch nur Tiere auf seynem Planeten, aber er wollte etwas erschaffen, dass ihn nicht als seynen Schöpfer, sondern ihn als seynen Vater liebte. Er wollte ein Wesen, dass er aufziehen, dem er den Weg weisen und das Leben in seyner wahren Form erklären konnte. Er wollte Wesen erschaffen, die die Barmherzigkeit, die Liebe, den Frieden und die Reinheit seines Planeten verkörperten und hinausflogen in das Universum um anderen Planeten dieses Wissen und diese Weisheit näher zu bringen. So erschuf er die Engel. Kleine zierliche Geschöpfe voller Eleganz und Schönheit. Sie trugen Gewänder, die sich leicht an ihren Körper schmiegten und so fließend waren, wie das Wasser, das nie zur Ruhe kommt. Ihre Flügel waren aus kleinen weichen weißen Federn und wenn sich ein Sonnenstrahl auf sie verirrte, schillerten sie in allen nur möglichen Farben. Sie hatten lange silberne oder goldene Haare, die ihnen bis zur Taille wuchsen, und sie waren so sanft und voller Liebe wie es sich der Baum gewünscht hatte. Und die Engel verehrten ihn wie ein Kind seynen Vater. Das war es gewesen, was sich der Baum erträumt hatte. Nur, die Engel flogen nicht hinaus um das Universum mit ihrem Wissen und ihrer Weisheit zu erfüllen. Sie liebten ihren Vater zu sehr und wollten nicht fort von ihm. So dass der Baum sie bei sich behielt. Nie war der Baum der Meinung gewesen, dass irgendwo etwas anderes als Frieden herrsche, aber es sollte der Tag kommen, an dem er die Grausamkeit des wahren Lebens erfuhr. Und der Tag kam schneller, als ihm lieb seyn konnte. Der Baum lies immer mehr Knospen entstehen, aus denen die Engel zum Leben erwachten und bald schon hatte er eine Art große Familie um sich, mit der er glücklich war.
Doch es geschah, dass es über dem Blätterdach dunkel wurde. Es war ein Ereignis wie es in den Jahrmilliarden, die der Planet mit dem Baum schon existierte, noch nie zuvor geschehen war. Es versetzte die Lebewesen in Angst und Schrecken. Es war nahezu totenstill auf dem Planeten und nur das Blätterrascheln des Baumes der vor Ehrfurcht zitterte war zu hören. Was war geschehen? Die sieben großen Monde waren näher gerückt und hatten den Planeten mitsamt seynen beiden Sonnen in einem engen dunklen Kreis umschlossen. Auch die Sonnen waren nah zusammengekommen. Plötzlich fingen die Monde in einem dunklen Ton an zu glühen und auch die beiden Sonnen fingen an zu strahlen. Ein nachtschwarzer und ein taghell leuchtender Strahl fielen zum Planeten hinab und trafen eine Knospe, und so urplötzlich wie der Himmel sich verdunkelt hatte, wurde es auch wieder hell. Der Planet atmete wieder auf, aber alle starrten gebannt auf die Knospe, die sich langsam zu öffnen begann. Als sie sich vollends geöffnet hatte, gab sie den Blick auf zwei Engel frei, der eine hatte Haar so dunkel wie die Nacht, das Haar des anderen war so strahlend wie die Sonne. Der Baum nannte die beiden Geschwister Akyriel und Daliel. Doch kaum war Akyriel geboren und seyn Name ausgesprochen, verbeugte er sich vor seynem Vater und machte sich auf den Weg zu einem Kampf, den zu schlichten seyne Aufgabe sey. Noch ehe der Baum seynen Sohn aufhalten konnte, war der dunkelhaarige Engel auch schon verschwunden. Daliel erinnerte ihren Vater an die Aufgabe, weswegen sie überhaupt erschaffen wurden und der Baum erkannte die Wahrheit und akzeptierte die Entscheidung Akyriel´s.
Akyriel flog schnell, doch es dauerte trotzdem ein Jahr, in der die Schlacht unvermindert weitertobte, ehe der Engel seyn Ziel erreichte. In dieser Zeit starben noch viele der kleineren Sterne und langsam bildeten sich Gruppen die, von Anführern geleitet, der Meinung waren, die beiden Supermächte hintergehen zu können. Viele starben bei diesem sinnlosen Unterfangen, ohne das auch nur eine der beiden Supermächte in ihrem Ansturm geschwächt war. Es gab aber auch Sterne die von diesem Krieg profitierten, sie waren meist im Waffenhandel tätig. Und auch andere sie sich erhofften noch etwas brauchbares von den zerstörten Planeten ergattern zu können, scharten sich wie Aasgeier um den Kampfplatz. Nun geschah es aber, das ein kleines Wesen auf dem Schlachtfeld auftauchte und versuchte die beiden Planeten zum Frieden zu bewegen. Zunächst lachten die Aasgeier und Waffenhändler über eine solche Dreistigkeit, aber sie waren ihrer Sache schon nicht mehr so sicher, als dieses kleine geflügelte Wesen auf einmal in einem grellen weißen Licht zu strahlen begann und eine Welle von Liebe und Barmherzigkeit zu den Supermächten entsandte. Und bald hatte es den Anschein, als ob es dem Wesen tatsächlich gelingen sollte, die beiden Mächte vom Frieden zu überzeugen. Und so wurde ein jeder dieser Schmarotzer Zeuge dessen woran so viele vorher gescheitert waren; die beiden Feinde ließen ihre Waffen sinken und letztendlich hörten auch die kleinsten Sterne auf sich gegenseitig zu bekriegen und die Jahrzehntelange Zeit des Leidens und Mordens war nun endlich beendet. So war wieder Frieden eingekehrt und Akyriel wandte sich zum Gehen. Obwohl ein jeder jetzt glücklich seyn müsste, waren doch viele, der vom Krieg profitierenden Gruppen, nicht einverstanden mit dem Sieg Akyriel´s und noch ehe der dunkelhaarige Friedensbringer wusste wie ihm geschah, steckte auch schon ein vergifteter Pfeil in seynem Rücken. Und so starb der Engel ohne je den Namen seynes Mörders zu erfahren.
Zu gleicher Zeit, nur sehr weit entfernt, verspürte Daliel einen tiefen Stich in ihrem Herzen und sie wusste, dass ihr geliebter Bruder im Sterben lag. Und in jeder Sekunde in der das Leben aus Akyriel´s Körper wich, starben Hunderte der alten vom Krieg und Hass zerfressenen Sterne. Und jede Träne die Daliel um ihren Bruder beweinte, ließ einen neuen jungen Planeten zum Leben erwachen, bereit sich seyn Schicksal neu zu schreiben.
Und Akyriel´s Beispiel folgend, flogen viele der älteren Engel fort von ihrem Heimatplaneten, um dem Universum Liebe, Barmherzigkeit, Reinheit und Frieden zu bringen!
Wenn du also in den Himmel schaust und eine Sterneschnuppe fallen siehst, denke daran, dass es ein Engel ist, der kommt um einer verlorenen Seele Wärme und Geborgenheit zu spenden...
Désirée Becker
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